Bilder ohne Bilder
Eine Installation von Mario Reis in der Geisterstadt Ironton
Auf der Suche nach außergewöhnlichen Flüssen entdeckte Mario Reis 1992 im Südwesten Colorados, USA, den Red Mountain Creek, ein Gebirgsbach, der am Red Mountain Pass entspringt und sich orange gefärbt durch die Landschaft zieht. Als er die Gegend erkundete, stieß er auf eine Ansammlung von verfallenen Häusern, die Geisterstadt Ironton. Sowohl die Flüsse dieser alten Goldgräberlandschaft in einem der höchsten und wildesten Gebiete der Rocky Mountains als auch die Geisterstadt Ironton ließen ihn nicht mehr los. Über 12 Jahre lang kehrte er immer wieder an diesen Ort zurück, um dort seine Naturaquarelle anzufertigen. Dabei campte er in unmittelbarer Nachbarschaft von Ironton. 2003 war es dann soweit, dass dieser Ort selbst Teil seiner Kunst wurde. Mario Reis fertigte eine Installation an, die sich über 4 Gebäude erstreckt. Er bestückte die jeweiligen Häuser mit leeren Keilrahmen, die er spannungsvoll an die Wände montierte, wobei jedes Haus seine individuelle Installation bekam. Auf der Erkundung des Ortes wird der Betrachter also immer wieder auf dieselben Keilrahmen stoßen und diese unwillkürlich zu einer Gesamtinstallation vernetzen. Dabei geschieht es, dass er diese Rahmen mit Vorstellungen, mit Bildern füllt. Sie sind gleichsam freie Projektionsflächen für die Phantasie des Betrachters ohne dass er auf vorgegebene Muster zurückgreifen kann. So fließt auch immer etwas von der eigenen Geschichte des Betrachters mit ein.
Die Installation "Bilder ohne Bilder" von Mario Reis kann auf mehreren Ebenen wahrgenommen werden: Sie ist eine Rauminstallation, welche die Räume als solche sensibel verändert und dadurch bewusster erfahrbar macht. Zugleich ist sie eine ortsbezogene Arbeit, da sich die verschiedenen Installationen über die Häuser hindurch verbinden und so den Ort, Ironton selbst, betonen. In diesem Sinne lädt die Installation auch zu einer tieferen Auseinandersetzung mit Ironton und der Umgebung ein. Darüber hinaus sind die leeren Keilrahmen Projektionsfolien für die eigenen Vorstellungen. Unwillkürlich wird die Phantasie noch stärker angeregt, gleichzeitig wird man sich dieses Vorganges bewusster. Mario Reis verwebt diese unterschiedlichen Schichten mittels der Poesie seiner Arbeit, die mit Erinnerung, Vorstellungen, Bildern, Geschichte und Geschichten zu tun hat.
Stefanie Lucci